martedì 3 novembre 2020

Zwangsunterbringungen und -behandlungen in der Psychiatrie - Antwort von Matthias W. Birkwald MdB Bundestagsfraktion DIE LINKE an Peter Schwarz




Kannst Du den Bericht auf Deine Seite setzen? Und das Schreiben von dem Bundestagsabgeordneten? Der Mann sitzt infolge der verabreichten Medikamente in einem Rollstuhl.

Gruß Peter

18 Juni 2020 

Sehr geehrter Herr Schwarz,
entschuldigen Sie zunächst die etwas verspätete Antwort. Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass Zwangsunterbringungen und -behandlungen in der Psychiatrie die wohl gravierendsten legalen Menschrechtsverstöße in Deutschland sind. Was Ihnen und anderen widerfahren ist, ist eines Landes wie Deutschland unwürdig und muss unter allen Umständen verhindert werden. Insbesondere die Zwangsbehandlung, v.a. Fixierung und Zwangsmedikation, ist nach meiner Auffassung grundsätzlich mit der Menschenwürde nicht vereinbar. Sie darf nicht, wie häufig fälschlich propagiert, zur Abwehr einer Fremdgefährdung stattfinden. Sondern sie muss allein dem Wohl der Betroffenen dienen. Dass die heute in Deutschland praktizierten Behandlungsmethoden das tun, ist in keiner Weise belegt. Im Gegenteil: Viele Betroffene berichten wie Sie von traumatisierenden Erlebnissen. Die Veränderung der Persönlichkeit mit Psychopharmaka gegen den Willen der Betroffenen und ohne Nutzennachweis widerspricht nach meiner Auffassung der Unantastbarkeit der Menschenwürde. Wer in Deutschland eingewiesen und mit welchen Methoden behandelt wird, hängt mehr von seinem Wohnort als von seiner Erkrankung ab (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/107/1710712.pdf), für viele Behandlungen haben wir gar keine brauchbaren Daten aus der realen Versorgung. Bei so gravierenden Grundrechtsbeschränkungen darf das nicht sein und ist darum ein fortdauernder Skandal!

Wir setzen uns für eine gewaltfreie Psychiatrie ein und haben das auch in unserem Wahlprogramm verankert (https://www.die-linke.de/fileadmin/download/wahlen2017/wahlprogramm2017/die_linke_wahlprogramm_2017.pdf). Wir haben als einzige Fraktion im Bundestag gegen die Wiederzulassung der Zwangsbehandlung gestimmt, nachdem sie zuvor gerichtlich untersagt wurde (https://www.linksfraktion.de/nc/parlament/reden/detail/regierung-will-voraussetzungen-fuer-aerztliche-zwangsmassnahmen-verschaerfen/). Der wichtigste Grund dafür war, dass in dem Gesetz kein Versuch unternommen wurde, die Zahl und die Eingriffstiefe der Zwangsmaßnahmen zu verringern. Es gibt verschiedene Ansätze im In- und Ausland, wie das geschehen kann und wie für die Betroffenen mehr Selbstbestimmung erreicht werden kann. Das Betreuungsrecht kennt in Deutschland keine Abstufungen zwischen einwilligungsfähig und nicht einwilligungsfähig - obwohl sich wohl jeder Mensch irgendwo dazwischen bewegt und wir das als Normalität begreifen müssen. Bei der Neuregelung der Zwangsbehandlung haben wir Vorschläge eingebracht, wie hier auch kurzfristig Schritte zu einer humaneren Behandlungspraxis gegangen werden können
Leider wurde der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Zusammenfassend sind sowohl das Betreuungsrecht wie auch die Bestimmungen zur Zwangsbehandlung in keiner Weise akzeptabel und missachten nach unserer Auffassung verschiedene Grundrechte. Eine Geschichte wie die Ihre sollte in Deutschland nicht möglich sein. Dafür setzen wir uns ein.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Matthias W. Birkwald MdB
Parlamentarischer Geschäftsführer und Rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE.

Stellvertretender Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales
Obmann der Fraktion DIE LINKE. im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales

Deutscher Bundestag
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